Mein vorletzter Blogbeitrag widmete sich der Frage: „Bist du glücklich?“. Ich möchte diese Frage selbst auch noch beantworten. Die letzten 2,5 Jahre drehte sich alles um Kinderwunsch, Hormone, Nahrungsergänzung, Darmreinigung, Ernährung, Massagen, Akupunktur und Sport bzw. Yoga. Ich habe beinahe alle Tipps, die ich bekommen habe, befolgt. Nicht, dass sie nicht geholfen hätten, oder nicht gut für meinen Körper gewesen wären. Im Gegenteil, es war soooo unendlich wichtig für meinen Körper!
Diese Disziplin, die ich an den Tag legen musste, war gut und mühsam ohne Ende – zu gleich. Aber diese ganze Funktioniererei hat schlussendlich dazu geführt, dass ich eben nur funktioniert habe und nicht wirklich gelebt. Will heißen, ich habe vergessen mein Leben zu genießen. Wie denn auch, wenn man permanent auf die nächste Einnahme von was auch immer denkt, Nachwirkungen von einer OP hat oder auch unter Nebenwirkungen von Hormonen leidet?! Das geht nicht Hand in Hand.
Nun war ich auf dieser Reise – und sie hat mich mehr zu mir gebracht als ich es mir je erträumen ließ.
Zuallererst einmal muss ich sagen, es war eine unvergleichliche Erfahrung. Man denkt, man weiß so ziemlich wie es in anderen Ländern zugeht. Aber, wenn man dann dort ist, und spürt, atmet, wahrnimmt – ist alles anders.
Meine Reise begann mit dem Gedanken, jetzt oder nie. Ich hatte Angst, dass ich es wohl die nächsten Jahre wahrscheinlich nicht oder sogar überhaupt nicht mehr machen würde. Und das Ganze hatte einen anderen Beigeschmack. Ich wollte in Bewegung kommen, ich wollte meinen Körper formen und für meine nächsten Vorhaben trainieren. Also bin ich innerhalb von 2 Wochen losgestartet. Meine Reise begann mit diesem „Jetzt oder nie“ Gefühl. Und hat geendet mit: Ich komme wieder bzw. ich gehe wieder, ganz bald.
Dazwischen war alles Mögliche an Gefühlen und ich habe so einiges gefunden.
Ich fand Dankbarkeit, absoluten Frieden im Herzen, mit mir, mein Leben nicht nur genießen, ja, es nahezu inhalieren. Ich fand bedingungslose Liebe in neuen Freundschaften. Ich fand wieder Humor und Leichtigkeit in meinem Leben. Und ich fand Inspiration, mein Leben auf eine andere Art zu leben als bisher. Ich empfand soziale Medien nur noch als reine Zeitverschwendung. Wenn man sich doch mit Yoga-Sutras beschäftigen kann! Oder einfach meditieren und seinen Körper genießen.
Ich fand mein eigenes -sowohl als auch- Gefühl. Ich war d’accord mit meinen Grenzen. Und ich entschwand der Illusion, innerhalb von 4 Wochen alle Asanas perfekt zu können. Ich verstand, was Training bedeutet – tief in meinem Körper und auch mit meinem Verstand. Ich konnte mich erstaunlich gut an Strukturen halten und fand dadurch auch Struktur in mir. Ich lernte sehr detailliert auf meinen Körper zu hören, war gerade der sogenannte innere Schweinehund am Werk, oder hatte ich tatsächlich eine Pause nötig? Das zu differenzieren ist oft gar nicht so leicht.
Struktur im außen gibt einem Halt, aber wenn man diese Struktur, diesen Halt in sich selbst findet… dann beginnt das eigentliche Abenteuer!
Ich kann nur jedem empfehlen, macht was ihr schon immer machen wolltet, jetzt oder nie 😉
Was wolltest Du schon immer machen? Hinterlasse mir gerne einen Kommentar.
Und so begann meine Reise
Alles fing also an, mit einem Gefühl der Unzulänglichkeit. Ich wollte meine Yoga-Lehrer Skills verbessern. Aber ich wollte nicht wieder 2 oder 3 Jahre lang eine Ausbildung machen. Ich bin in den letzten Zügen des 1. Ausbildungsabschnitts der Psychotherapie Ausbildung und starte nächstes Jahr in den 5-7 Jahre dauernden zweiten Abschnitt. Daher wollte ich etwas Schnelles zwischendurch. Als ich mich umsah welche Intensivausbildungen es so gibt, war für mich schnell klar, es soll nichts fancy-mäßiges in Kerala oder Bali sein. Ich wollte zum Ursprung, in die Yoga-Hauptstadt nach Rishikesh, in Indien. In meiner Arbeit mit meinen Klient:Innen arbeiten wir uns auch zur Wurzel hinunter, da wo alles begann. Da, wo der Körper ein Trauma abgespeichert hat, sei es auch noch so winzig, aber das einen bis heute noch beeinflusst. Meist sogar täglich.
Also packte ich meinen Koffer, für einen Monat Indien, bei 37° Celsius. Ich packte meinen Koffer so oft, dass mein Mann schon lachte und mich fragte ob ich tatsächlich schon wieder gepackt hätte. Denn, es ist gar nicht so einfach für einen ganzen Monat zu packen! Aber letzten Endes war ich sehr froh über alles, was ich mitgenommen habe. Wobei ich die eine oder andere Wollweste auch noch gut vertragen hätte 😉
Ich flog in Wien los, mein erster Stopp war nach 5 Stunden in Abu Dhabi. Nach weiteren 3 Stunden landete ich in Delhi, bei 34° Celsius. Ich dachte im ersten Moment ich muss ersticken, die Luft war zum Schneiden dick und der Gestank war bestialisch. Der ganze Flughafen roch genauso. Ich dachte, wenn das die nächsten 4 Wochen so weiter geht, werde ich bei den Atemübungen irgendwann in Ohnmacht fallen. Mein Fahrer, den ich schon von Österreich aus gebucht hatte, verspätete sich eine halbe Stunde, was rein gefühlsmäßig gar nicht so lustig war.
Ob er wohl noch kommen würde?
Er kam, und er fuhr mich nach Rishikesh. 200 km weit bei 60-100 km/h, einem einzigen Gehupe und hin und her Geschleudere auf der Rückbank. An Schlafen war dabei nicht zu denken. Und dass, obwohl ich schon 24 Stunden unterwegs war. Es wird gehupt, wenn man zu einer Kurve kommt, dass man auch ja wahrgenommen wird und als erstes fahren kann, damit Menschen, die auf der Straße gehen, es gibt kaum Gehwege, einen wahrnehmen und nicht plötzlich über die Straße laufen, damit die Kühe das Weite suchen, und, und, und, …
Wobei niemand so recht wen ernst nimmt der hupt, jeder macht trotzdem, was er will. Und wie durch ein Wunder ist dieser Spießrutenlauf ohne jeglichen Unfall zum Ziel gekommen…
Als wir ankamen, es war ca. 9 Uhr morgens, zeigte der Fahrer auf einen kleinen Hügel, dessen Straße eindeutig zu schmal für sein Auto war. Da erinnerte ich mich an die ganzen Empfehlungen aus dem Internet – ein Rucksack ist besser, denn oft sind die Wege zur Yogshala (Yoga-Schule) bestenfalls unwegsam. Naja, ich gab meinem Fahrer ein gutes Trinkgeld und bat ihn meinen 27 kg schweren Koffer den Berg hinaufzuhieven. Oben angelangt, begrüßte mich auch schon der Betreiber der Yoga-Schule. Eine zweite junge Dame war auch schon angekommen, sie war Australierin. Er bot mir an, es mir im Restaurant gemütlich zu machen. Denn ich musste noch bis zum Nachmittag warten, bis die Zimmer fertig sind. Mein Körper war durch die Flüge und das hin und her Schütteln im Wagen noch ganz durcheinander und so war auch hier kaum an schlafen zu denken. Als ich dann endlich mein Zimmer bekam, konnte ich erst einmal drauf los putzen. Aber auch damit habe ich gerechnet und war bestens ausgestattet. Nachdem ich bereits um 18 Uhr schlafen ging, waren die 4,5 Stunden Zeitverschiebung kein Problem für mich.
Der erste Tag ging sehr gemütlich los, Frühstück gab es um 9.30 Uhr danach war die Feuerzeremonie, das Einstandsritual für alle Yogaschüler. Erst am zweiten Tag ging die feste Struktur los:
- 5.30 Uhr aufstehen und duschen (ja, das war Pflicht, und nein es gab nicht immer warmes Wasser..)
- 6.00 Uhr Netī-Shatkarma (das ist die Nasenspülung)
- 6.30 Uhr Frühstücks-Tee
- 7.00 Uhr Ashtanga– / Vinyasa-Yoga
- 8.30 Uhr Pranayama (Atemübungen)
- 9.30 Uhr Frühstück
- 11.30 Uhr Yoga-Anatomie
- 12.30 Uhr Mantra Singen (Chanting)
- 15.00 Uhr Philosophie
- 16.15 Uhr Tee Pause
- 16.45 Uhr Hatha-Yoga
- 18.30 Uhr Meditation
- 19.30 Uhr Abendessen
Also 3 Stunden Yoga-Asanas, 1 Stunde Atmen und 1,15 Stunden Philosophie pro Tag – das waren die fixen Kurse. Wenn Du krank wurdest, hast Du Pech gehabt, Du musstest zwar beim Yoga nicht mitmachen, aber anwesend sein – es galt 100% Anwesenheitspflicht. Wenn Du am Gelände gesehen wurdest, wurdest Du sofort gedrängt zurück in Deinen Kurs zu gehen. Wie man sieht was dabei wenig Spielraum für persönliche Befindlichkeiten.
Der Plan änderte sich inhaltlich über die Wochen, es kamen die Fächer Methodik, Ayurveda, Align- und Adjustment sowie Naturheilkunde dazu.
Zum Ende des Kurses, als Abschluss gab es eine schriftliche und eine praktische Prüfung, für jeweils ca. 75 min.
Die Zeit in dieser Oase (es war die einzige Yogaschule weit und breit, die im Grünen und abseits vom Straßenlärm zu finden war) war Kräfte zehrend und Kraft gebend zugleich. Der durchgetaktete Tag, die Flut an Informationen (zum Glück war vieles neu für mich, sonst wäre es langweilig gewesen), die vielen neuen Eindrücke machten mich vor allem zu Beginn sehr müde und so machte ich, wann immer es meine Zeit zuließ ein Nickerchen.
Die indische Kultur ist so herzlich und gleichzeitig sehr bestimmt und streng. Der Straßenlärm und das Gehupe wird mir nicht abgehen. Aber das Essen, die Atmosphäre, die Menschen, die Gewürze, die Rituale, das Tanzen und Chanten / Singen werde ich sehr vermissen. Es hat etwas gedauert und so ganz konnte ich mich bis zuletzt an den Schmutz und die verfallenen Gebäude nicht gewöhnen. Dort ist das Motto, wenn man es neu bauen kann, wozu renovieren? Abfall wird absolut überall hingeworfen, soweit das Auge reicht. Es ist bestimmt nichts für zimperliche Menschen, die einen übermäßigen Drang haben alles sauber haben zu wollen.
Also, all den Prinzessinnen da draußen (ich war auch eine), empfehle ich, ein schönes Ressort, irgendwo am Strand. Denen, die Yoga in seiner ganzen Ursprünglichkeit erfahren möchten, ganz eindeutig – Rishikesh. Meine nächste Yoga-Ausbildung wird mit Sicherheit, in einem sehr sehr schönen Ressort, am Strand sein 😉 !
Namasté
Eure Viola